Mit dem letzten Tag der Woche sind die unterschiedlichsten Assoziationen verknüpft: Für die einen ist es der Tag der Besinnung und Ruhe, für die anderen beginnt die Party erst am Sonntag richtig - seit dem Hype-Schlagwort "Sunday Scene" ist es auch der Stichtag der Garage-Massive.  Auf jeden Fall vermittelt das Wort "Sonntag" Ruhe, Entspannung und das Gegenteil von Stress - und passt somit exakt zum Programm des gleichnamigen, prosperierenden Garage-Labels aus der bundesdeutschen Hauptstadt, das durch seine zeitgemäßen, innovatioven und soulbehafteten Produktionen viel Lob und Aufmerksamkeit erntete. Für die aktuelle Veröffentlichung "Only for you" konnten zudem einige der führenden Köpfe der deutschen Garage-Szene als Remixer gewonnen werden, so dass die Single ein erstes Abbild der schon jetzt beachtlichen klanglichen Vielfalt des German Garages liefert...

1997 wurde in Berlin "Timing Recordings" ins Leben gerufen.  Zu den Begründern des Labels, dessen Fokus von Anfang an ganz klar auf Breakbeats jedweder Coleur lag, gehörte - neben der DJ-Legende Tanith und Holgi & Armin (bekannt geworden durch das "Frontpage"-Magazin) auch das heutige Sonntag Music-Mastermind Daniel Siemer.
Im Jahre 1999 wurde dann "Bash Again!" als erstes Sublabel aus der Taufe gehoben, um dem Background von Daniels Kollegen als etwas technoidere Plattform gerecht zu werden.
Sonntag-Music schließlich startete mit seinem ersten Release im März/April 2000, und wurde von Anfang an als selbstständige Unit, sowohl Berry Blackkosten- wie auch contenttechnisch, behandelt. Während Daniel bei Timing Rec. mehr als Mann im Hintergrund fungiert, der für den reibungslosen Ablauf der Konten, Abrechnungen, Produktionen etc. verantwortlich ist, betreibt er Sonntag-Music quasi als "One for all" - allein mit Ausnahme der künstlerischen Bestandteile, denn diese obliegen vollends dem exklusiven Produzenten Berry Black.

Selbstverständlich supporten auch die Timing-Kollegen wo immer sie können den Sonntagsspaß - besondere Erwähnung verdient hier der UK-Mann des Labels, DJ Tosh (siehe VIBE #2), der sich im letzten Jahr überall als Garage-DJ etabliert hat, und dabei Sonntag-Music immer im Hinterkopf behält.

Das erste Sonntag Music Release "I think I am in love", das wie erwähnt im März 2000 (vertrieben über NTT) auf den Markt kam, entwickelte sich zu einem kleinen Hit, der sogar im UK 600x verkauft und einige male lizensiert wurde. Danach wurde der Absatz im UK etwas schwieriger, da durch den europaweit losgetretenen Hype eine schiere Flut an 2Step-Garage-Produktionen auf den Markt geworfen wurde. Die aktuelle Veröffentlichung "Only for you" von Berry Black und der Sängerin ELiF Bicer, die auch Remixe von 2Smart (Gush Collective), der Fab Factory und der SWEET-Cru aus München enthält, läuft dagegen wieder recht vielversprechend - schließlich steckt auch eine Menge Arbeit darin!

VIBE-Interview mit Berry Black 
und ELiF Bicer (Sonntag-Music)

VIBE: Beschreibt zunächst einmal kurz Euch selbst und Euren bisherigen musikalischen Werdegang:

Berry: Bin Musiker aus Überzeugung, mit diversen Veröffentlichungen auf ISM, dem Kid Paul-Label. Dann Produktionsgemeinschaft mit Karsten Grossmann als 'Kuts & Mouse' für Sandy Records und seit 2000 exklusiver Produzent für Sonntag Music.

ELiF: Eigentlich bin ich Freizeitmusikerin ELiF Bicer bei diversen Projekten, vor allem für HipHop Acts. Hauptsächlich bin ich Schauspielerin und werde dies auch weiterverfolgen. Singen zu können, hilft bei der Rollenauswahl!

VIBE: Wie habt Ihr Euch gegenseitig kennengelernt, wie entstand der Kontakt zu Sonntag-Music?

Berry: Wir sind alte Freunde. Ursprünglich ist Sonntag Music ein Spin-off von Timing Recordings Berlin - dort war keine Möglichkeit eine sinnvolle Verknüpfung zwischen meiner musikalischen Ausrichtung und dem vorhandenen Repertoire zu finden. Also hat Daniel als Mitinhaber von Timing Rec. kurzerhand Sonntag gegründet, um eine Plattform für meine Musik zu haben.

ELiF: Wir haben uns über Kuts & Mouse kennengelernt. Die Session für "Only for you" wurde schon im März 2000 eingesungen.

VIBE: Wann seid Ihr erstmals auf 2Step-Garage aufmerksam geworden?

Berry: Ende 1997 erhielt ich ein Tape von DJ Flynn (SWEET München). Damals noch als "Garage" bezeichnet, gefiel mir dieser Style auf Anhieb.

ELiF: Erst durch das, was Berry daraus gemacht hat... anfangs gar nicht meine Lieblingsausrichtung, dann super begeistert vom Ergebnis, weil die konsequente Fortführung von allem bisher dagewesenen.

VIBE: Was reizt Euch am Sound dieses Genres besonders?

Berry: Die Verknüpfung verschiedener Genres.

ELiF: Ebenso. 2Step ist die Synthese aus House, HipHop und DnB. Anfangs eine wilde Mischung, die das Beste von allem verschmolz, wird langsam ein eigenständiger Style daraus.

VIBE: Welche Tracks haben Euch richtig beeindruckt bzw. den Entschluß ausgelöst, selber etwas in dieser Richtung zu produzieren?

Berry: Nichts spezielles. Erste Veröffentlichungen, die ich 2000 bewusst hörte, kamen von Public Demand, Trick or Treat, usw. - das übliche Importzeugs eben. Beeindruckt hat mich das Album "Sincere" von MJ Cole.

ELiF: Vocals jeder Stilrichtung.

VIBE: Eine technische Frage: Welches Equipment kommt bei Euren Produktionen zum Einsatz? Gehört Ihr zu den "Bedroom-Producern" oder erfolgen die Aufnahmen im professionellen (Miet-)Studio?

Berry: Bis jetzt nur Homestudio. Im Rahmen der Postproduktion bemühen wir Profis, wie z.B. das Studio Calyx aus Berlin.

VIBE: Für "Only for you" habt Ihr einige der führenden Köpfe der German Garage-Scene als Remixer an Land gezogen. War es Euch wichtig, mit anderen deutschen Acts zusammenzuarbeiten, um die hiesige Szene zu stärken bzw. vorzustellen?

Berry: Wir kennen alle persönlich, da hat es sich so ergeben. Im Sommer 2000 gab es ein Treffen von DJ Flynn, Franz S. (2Smart) und Daniel (Sonntag). Dort wurde das Projekt 'gezeugt' und dank des intensiven Einsatzes aller Beteiligten letztendlich auf die Beine gestellt. Die Produzenten vom Fab Factory Team kamen später dazu und waren uns wichtig, um die Facette des Breakbeat-Garage aufzuzeigen. Wenn sich aus dem Projekt eine Stärkung der Szene ergeben hat - um so besser!

VIBE: Welche weiteren Tracks können wir von Euch in Zukunft erwarten? Ist evtl. sogar ein Album in Arbeit?

Berry: Ein Album und ein Video. Sonntag plant zusätzlich eine Compilation mit vier bis fünf Produzenten aus Deutschland für das zweite Halbjahr 2001.

VIBE: Gibt es Eurerseits Pläne für Live-Auftritte oder stehen Euch irgendwelche Bookings in nächster Zeit ins Haus (falls ja, bitte Location & Termin angeben)?

Berry: Im Oktober ein einmaliges Livekonzert im grossen Rahmen. Look out for it!

VIBE: Eure Produktionen sind in den meisten gut sortierten deutschen Plattenläden erhätlich, ein Großteil der Auflage Eures ersten Releases verkaufte sich wohl sogar im UK. Peilt Ihr auch den internationalen Markt an? Glaubt Ihr ausserdem daran, daß 2Step auch hierzulande noch den Durchbruch schaffen wird, so daß Acts wie Euch, Gush Collective o.a. sogar kommerzieller Erfolg und/oder der Einzug in die hiesigen Charts gelingen wird?

Berry: Gute Frage. Halte ich in Deutschland eher für unwahrscheinlich. Dank der erschöpfenden Arbeit diverser Kopfmenschen in Deutschland hat sich der Stil erst einmal totgehypt. Wer gute Musik macht, wird bleiben. Ich tippe eher auf einen Return aus den USA für Mitte 2002. Und dann beschweren sich wieder alle Durchblicker über die Produktionsmacht der Amis...

VIBE: Wo seht Ihr die deutsche 2Step-Szene in zwei Jahren?

Berry: In Griechenland! Dort komme ich her - da geh' ich hin... ;-)

VIBE: Vielen Dank für Eure Mühe!!!


Zurück zur Titelseite

VIBE No. 3/Mai 2001

Eine Seite vorblättern