"Piratensender existieren nur,
wo das legale Radio den Geschmack seines Publikums verfehlt ..."
Dance-Music-Piratensender
wird es im Vereinigten Königreich immer geben, solange kein 'legaler'
Sender rund um die Uhr echte Dance-Music spielt. Als Piratensender
bezeichnet man eine Radiostation, die über das öffentliche Rundfunknetz
sendet, ohne eine Lizenz der Regierung zu besitzen. Die britische
Regierung ist aber nur sehr widerwillig bereit, das Rundfunknetz für das
riesige Spektrum an Musik zu öffnen, das verfügbar wäre, und macht es
für jede kleine Gruppierung oder Person schwierig und vor allem kostspielig,
eine genehmigte, längerfristige Sendelizenz zu erhalten. Dance-Music
hatte schon immer eine schlechte Lobby bei der Regierung und mußte sich
ihre eigenen Ausdrucks- und Aufführungsmöglichkeiten suchen, wie
illegale Raves oder eben nicht-offiziellen Sendebetrieb und
Rundfunkausstrahlung. Zwar gab es Versuche, legale Dance-Music-Sender
in Großbritannien zu etablieren, sowohl auf nationaler wie regionaler
Ebene, doch wurden diese stets von großen Unternehmen der
Unterhaltungsbranche finanziert, deren kommerzielle Interessen - sprich,
die Vermarktung der hauseigenen Acts - stets höher bewertet wurden, wie
die künstlerischen. Die Dance-Music-Fans bekamen damit eine
Station, die kommerzielle Pop-Musik im Gewand von "Dance-Remixen"
spielte, die aber niemals wirklich das repräsentierten, was wirklich in
der Danceszene passierte. Die Regierung konnte nun zufrieden für sich
in Anspruch nehmen, sie hätte sich um die Belange der Dance-Community
gekümmert, und die vermeintlichen "Dance-Music-Sender" legten
übernommene Shows mit Underground-Musik auf sehr unpopuläre Zeiten, um
allein durch deren Aufführung auf ihre "Realness" und
Authentizität verweisen zu können. Das Radioprogramm zur "Maintime"
dagegen klang wie ein Einkaufsbummel mit kaum verhohlen eingestreuten
Produktinformationen der Plattenindustrie, und alle 30 min. wiederholten
sich dieselben Stücke.
Die Betreiber dieser großen
legalen "Dance-Music-Sender" sind der Meinung, daß die Zahl
ihrer Zuhörer der Gradmesser ihres Erfolges sei. Aber in Wahrheit ist
dies nur ein weiterer Beleg für die Unterrepräsentiertheit
"echter" Dance-Music, denn die Quantität der Hörerschaft wird
bestimmt durch das Sendeformat und die Musikauswahl des Radiosenders,
wodurch sie nur aussagen kann, ob die Station die Zielgruppe erreicht, die
sie anstrebt - wenn man in steter Wiederholung nur die kommerziell
erfolgreichsten Titel spielt, erhält man natürlich das breiteste
Publikum, bekennt sich dadurch aber auch zugleich als kommerzielle
Radiostation, nicht als Dance-Sender.
Der einzige wirkliche Beweis
für den musikalischen Erfolg einer legalen Dance-Music-Station
wäre der, daß KEINE Pirate-Radio-Station in ihrem Sendebereich
existiert, da sie niemand für notwendig erachtet. Die Leute, die
Piratensender ins Leben rufen, tun dies aus dem Grund, da
Underground-Dance-Music im legalen Radio vernachlässigt wird oder gar
ganz außen vor bleibt. Bezeichnenderweise kann ich mit Gewissheit sagen,
daß es zur Zeit mehr Piratensender in London und Essex gibt, als jemals
zuvor in der Geschichte der Dance-Music-Szene.
MARK RYDER Strictly Underground Records (ins Deutsche übersetzt von Steve/Subzero)
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